Schmerz? Oder süßer Schmerz?
Die heilige Stadt Rishikesh im Norden Indiens gilt als Welthauptstadt des Yoga. Bericht von einem Selbstversuch, sich in 28 Tagen zur Yogalehrerin ausbilden zu lassen. Ein junger Inder packt mich an der Schulter, presst sein Knie in meinen Rücken und dreht dessen oberen und den unteren Teil in zwei verschiedene Richtungen. Ich komme mir vor wie ein Stück nasse Wäsche, das ausgewunden wird. 15 angehende Yogalehrer harren in der Rumpfdrehung aus. Lehrer Prashanth – strahlend weiße Zähne, Ansatz eines Schnauzers und goldener Ring im Ohr – zählt in melodischem Singsang: „Eiiight, niiine, teeen“; das sind keine Sekunden, sondern Yogi-Atemzüge, also halbe Ewigkeiten. Wir sitzen am Boden, die Beine überkreuz, und während sich meine Gesichtszüge immer mehr verkrampfen, fixiert mich Prashanth mit seinem breiten Eddie-Murphie-Lächeln und fragt: „Schmerz? Oder süßer Schmerz?“
Diese Reportage ist am 25.4.2015 im „Extra“ in der „Wiener Zeitung“ erschienen.