SALON FIGL

Das ist die Homepage der Journalistin Bettina Figl

Tag: Feminismus

„Auch Frauen können Faschistinnen sein“

Queer-FeminisInnen unter sich: Tiina Rosenberg und Martin J. Gössl.  © Luiza Puiu

Queer-FeminisInnen unter sich: Tiina Rosenberg und Martin J. Gössl. © Luiza Puiu

Tiina Rosenberg, Gründerin der feministischen Partei in Schweden, will sich nicht mit Frauen wie Marine Le Pen solidarisieren. Gemeinsam mit Martin J. Gössl spricht sie im Interview über Queer-Feminismus und Bubenarbeit, Arbeiterkinder und das diskriminierende Schulsystem in Österreich sowie über Studiengebühren im Zeitalter des Postkolonialismus.

Was fehlt Ihnen bisher an den Diskussionen beim Europäischen Forum Alpbach?

Tiina Rosenberg: Bis jetzt hat niemand über Arbeiterkinder gesprochen. Ich bin immer erstaunt, wenn Menschen sagen, es gäbe keine gesellschaftliche Klassen mehr. Doch sehen wir uns das Schulsystem in Deutschland oder Österreich an: Dass man sich im Alter von zehn Jahren zwischen Hauptschule (oder Neuer Mittelschule, Anm.) und Gymnasium entscheiden muss, ist diskriminierend. An ersterem werden Jugendliche für den Alltag ausgebildet, an akademischen Gymnasien wird ihnen Allgemeinbildung vermittelt. Sie wissen, wo sie nachsehen, wenn sie etwas nicht wissen.

Das Interview ist am 22.8.2014 in der „Wiener Zeitung“ erschienen.

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„Ich bin kein Opfer, ich bin Frau“

Sucht man Frauen-Rap mit Anspruch, wird man fündig – auch in Österreich

Let’s talk about sex, baby / Let’s talk about you and me / Let’s talk about all the good things and the bad things that may be: Das soll ein emanzipatorischer Schlachtruf sein? Ja, denn die Rap-Pionierinnen Salt’n’Pepa taten mit ihrer Hitsingle Anfang der 1990er Jahre etwas, das heute für rappende Frauen, so sie erfolgreich sein wollen, ein No-Go ist: Sie führten Geschlechterstereotype ad absurdum, anstatt diese einzuzementieren. Gibt man heute „Nicki Minaj“, den Namen einer der erfolgreichsten Rapperinnen, in Google ein, spuckt die Suchmaschine Folgendes aus: „Nicki gelingt es, angezogen und gleichzeitig halbnackt zu sein. Für ein Shooting schlüpfte sie in ein hautenges schwarzes Kleid (…) ihr gekonnter Griff zu den Brüsten wollte wohl weniger verdecken als vielmehr betonen, ganz nach dem Motto: ‚Seht her, was ich habe!‘“

Im Underground zeigen Rapperinnen nicht nackte Haut, sondern ihr Können

Zwar war Rap mit Anspruch an den Intellekt – in der Szene spricht man vom Conscious Rap – stets nur eine Nische, auch MC Lyte („Cold Rock A Party“) und Salt’n’Pepa („Push It“, „Let’s Talk About Sex“), die „Battle Queen“ Roxanne Shanté oder später Missy Elliot waren nicht um Partyansagen und schlüpfrige Lyrics verlegen. Sie erreichten das Publikum mit ihrer Musik, ohne ihren Sexappeal zu negieren – aber ob sie in übergroßen Kapuzenpullis oder in Hot Pants auftraten, spielte keine wesentliche Rolle. Sozialkritische Texte waren eher die Regel als die Ausnahme, bei Queen Latifah, die 1994 in „Unity“ häusliche Gewalt anprangerte, klingt das so: I don’t want my kids to see me getting beat down / By daddy smacking mommy all around / You say I’m nothing without ya, but I’m nothing with ya / A man don’t really love you if he hits ya (sic!).

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Die teilautonome Schule kommt

Die neue Unterrichtsministerin Heinisch-Hosek präzisiert ihr Programm, Direktoren erhalten nur Mitspracherecht bei Lehrerwahl – ein Interview von Brigitte Pechar und Bettina Figl, erschienen am 21.12.2013 und hier nachzulesen.

„Wiener Zeitung“: Frau Ministerin, Sie haben am Montag das Unterrichtsministerium übernommen. Wann war für Sie klar, dass Sie am Minoritenplatz einige Häuser weiterziehen – beim Koalitionspartner ÖVP sind einige solcher Entscheidungen ja sehr kurzfristig getroffen worden?

Gabriele Heinisch-Hosek: Ich habe ja schon in den Koalitionsgesprächen das Bildungskapitel betreut und war auch als Beamtenministerin in die Lehrerdienstrechtsverhandlungen eingebunden – insofern ist mir das Ressort nicht ganz neu. Definitiv gefragt, on ich das Ministerium übernehmen möchte, wurde ich erst am Wochenende vor dem Abschluss.
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Die weiblichen Science Busters

Miriam Morgenbesser (l.) und Valeria Plohovich studieren Technische Physik an der TU Wien. (c) Stanislav Jenis

Miriam Morgenbesser (l.) und Valeria Plohovich studieren Technische Physik an der TU Wien. (c) Stanislav Jenis

Drei Prozent mehr Studentinnen an der TU Wien in sechs Jahren: bescheidene Erfolge in den Mint-Fächern
Eine blonde, im Denken eher langsame junge Frau wohnt Tür an Tür mit Wissenschafts-Freaks, die aus ihren hohen Intelligenzquotienten keinen Hehl machen. Um klischeehafte Rollenzuschreibungen wie in der US-Serie „Big Bang Theory“ zu sehen, muss man nicht ins amerikanische Fernsehen wechseln. In der ORF-Sendung „Science Busters“ fachsimpeln die beiden Physiker Heinz Oberhummer und Martin Gruber in Kabarett-Manier über Moleküle und Atome. Vielleicht können sie die nicht belegbaren biologischen Unterschiede in den technischen Fertigkeiten von Frauen und Männern erklären, denn der Glaube an diese ist – nicht zuletzt in Naturwissenschaften und Technik – nach wie vor verbreitet. Gerne wird auf das unterschiedliche Abschneiden bei Tests verwiesen, bei denen logisches Denken abgefragt wird.

Dieser Artikel ist am 15.10.2013 in der Wiener Zeitung erschienen und im Original hier nachzulesen.

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„Nichts tun zu dürfen, das ist wie geistige Folter“

(c) Autofocus

Interview mit Heinz Ratz: Der deutsche Musiker ist mit Asylwerbern auf Deutschland-Tour960 Kilometer laufen für Obdachlose, 850 Kilometer schwimmen für den Artenschutz, 7000 Kilometer Radfahren für Flüchtlinge: Der deutsche Musiker Heinz Ratz weiß, wie man Menschen ins Rampenlicht holt, die sonst im Abseits stehen. Als er vor zwei Jahren beim „moralischen Triathlon“ 80 Flüchtlingsheime mit seinem Rad besuchte, fand er auf desaströse Lebensbedingungen – und musikalisches Talent. Mit 30 Asylwebern nahm seine Band „Strom & Wasser“ eine abwechslungsreiche CD auf: Reggae von der Elfenbeinküste, Balladen aus Somalia und Gambia, afghanischer Rap. 50 Mal standen die Refugees heuer auf der Bühne, bis Jahresende wollen sie noch einmal so viele Konzerte geben. Begleitet hat sie ein Kamerateam, im Herbst kommt die Dokumentation „Can’t Be Silent“ ins Kino.

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Die ÖH ist mehr als ein Polit-Kindergarten

Bei Frauen an der Spitze ist die Hochschülerschaft wegweisend – eine Analyse zur ÖH-Wahl. Die Frage, was die Studentenvertretung eigentlich bewirken kann, betrifft nur auf den ersten Blick die Studierenden alleine. Natürlich ist sie Interessensvertretung und Serviceeinrichtung, Herausgeberin von Broschüren und hat eine Repräsentativfunktion. Doch wenn, anders als in der Politik, seit zehn Jahren Frauen an der Spitze stehen, wirkt sich das auch auf die Gesamtgesellschaft aus. Mit ihren vielen Mandataren – heuer werden bis zu 105 Sitze vergeben – ist die ÖH viel breiter aufgestellt als etwa der Allgemeine Studentenausschuss „Asta“ in Deutschland.

Doch wie kann die ÖH etwas bewegen? Fragt man Vertreter der konservativeren Fraktionen wie der AktionsGemeinschaft (AG), heißt es, die ÖH müsse kompromissbereiter auftreten, um ernst genommen zu werden. Dass die ÖH sowieso nicht genommen wird, zeigen Beispiele aus der Vergangenheit: Ex-Wissenschaftsminister Johannes Hahn empfing die ÖH bei seinem Einstand mit den Worten: „Sie sind nicht von meiner Fraktion“, und Bundeskanzler Werner Faymann und der damalige Finanzminister Josef Pröll stellten die ÖHler bei der Senkung des Alterslimits für Familienbeihilfe-Bezieher vor vollendete Tatsachen und bezeichneten dies als „Verhandlung“. Ihren Handlungsspielraum versucht die ÖH zu vergrößern, indem sie ihre Anliegen – die inhaltlich durchaus Hand und Fuß haben – öffentlichkeitswirksam kundtut. Der Preis dafür ist, dass ihr Radikalität vorgeworfen wird und die Proponenten mitunter auf der Extremismus-Liste landen.

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Smells like Girl Spirit

Nicht nur Pussy Riot haben sich Feminismus auf die Fahnen geheftet, auch in Österreich machen „Riot Grrrls“ Krawall: Porträt der Wiener Noise-Punk-Band Aivery, die am Girls Rock Camp in Niederösterreich gegründet wurde

Verzerrte Gitarre, das Schlagzeug setzt ein, der Gesang bleibt im Hintergrund. Erst im letzten Teil kommt die Frauenstimme dazu, der emotional-aggressive Ausbruch von Franziska Schwarz geht unter die Haut: „I got home, you got lost“, singt sie, und nicht nur die Architektur des Songs ist ungewöhnlich.

Dieser Artikel ist am 18.4.2013 in der „Wiener Zeitung“ erschienen und im Original hier zu lesen.

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Unirat: Frauenanteil sinkt wieder

Universitätsräte 2013 bis 2018 formieren sich – selbst haben Uniräte bisher kein weibliches Mitglied ernannt. Rektorwahl und Budget-Absegnung: Der „Uni-Aufsichtsrat“ hat viel Macht.

An den steirischen Unis sind zehn von 14 Uniratsmitgliedern weiblich, die Unisenate hätten ihre Lektion in Sachen Frauen-Entsendungen gelernt: So lauteten die medialen Jubelmeldungen zu Jahresanfang, als die Namen der 21 Uniräte bekannt wurden, die als eine Art „Aufsichtsräte“ an Österreichs öffentlichen Universitäten fungieren. Der Unirat feiert zehnjähriges Bestehen, er wurde durch das Universitätsgesetz 2002 geschaffen, und damals wurde von der SPÖ eine Frauenquote von 40 Prozent hineinreklamiert.

Dieser Artikel ist am 29.3.2013 in der „Wiener Zeitung“ erschienen und im Original hier nachzulesen.

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„Darf ich dir meine Plattensammlung zeigen?“

„Beatles oder Rolling Stones?“ lautet die wohl meistgestellte Frage unter Musikliebhabern. Aus den Live-Performances von „Love Me Do“ oder „I Can’t Get No“ nicht wegzudenken sind kreischende Frauen in der ersten Reihe. Das ist Jahrzehnte her, inzwischen verkaufen Popstars wie Lady Gaga am meisten Platten.

Diese Analyse ist am 16.06.2012 in der „Wiener Zeitung“ erschienen

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Punkrock im Backofen

Im „Fett Und Zucker“ im zweiten Bezirk gibt es Kuchen ohne Milch, Mehl und Ei

Melange und Sachertorte sucht man hier vergebens, dafür gibt es Espresso, Limonade und veganes Bananenbrot, das im ganzen Lokal seinen Duft verströmt. Platz genommen wird auf Flohmarkt-Sesseln oder einer Holzbank aus dem Burgenland. Die „Kronen Zeitung“ dient höchstens als Verpackungsmaterial, geschmökert wird in politischen Magazinen. Und auf den Ruf nach dem „Fräulein“ oder dem „Ober“ reagiert hier sowieso niemand.

Dieser Artikel ist am 01.06.2012 im „Wiener Journal“ erschienen.

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„Wir sind ja gar nicht so böse“

ChickLit

(c) Andreas Pessenlehner

Erschinen in der „Wiener Zeitung“ am 08.02.2012

Wien hat mit „ChickLit“ in der Kleeblattgasse im 1. Bezirk wieder eine feministische Buchhandlung. Drei Frauen über langsame Erfolge, Literatur und pro-feministische Männer

Wien. Eine Generation liegt zwischen ihnen, es eint sie die Leidenschaft zu Büchern, vorzugsweise von Frauen geschrieben. Und sie bezeichnen sich als Feministinnen – was sich früher viele nicht trauten, berichtet Eva Geber. Die Buchautorin war 31 Jahre lang Redakteurin der Frauenzeitschrift „AUF“, die im vergangenen Jahr eingestellt wurde. Doch den dahinterstehenden „Verein zur Förderung feministischer Projekte“ gibt es noch – und dieser fördert unter anderem die Buchhandlung „ChickLit“, die vergangene Woche in den Räumen der ehemaligen „AUF“-Redaktion in der Wiener Kleeblattgasse 7 seine Pforten geöffnet hat.

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Verhandeln bis zur Chefetage

Erschienen in der „Wiener Zeitung“ am 21.01.2012

Gleichbehandlungsgesetz, quo vadis? „Viele Unternehmen von Gehaltsoffenlegung völlig überfordert“ – Folder „Tipps für Gehaltsverhandlungen“ soll Frauen Handlungsspielraum geben.

Wien. „Männer verdienen mehr als Frauen? Frauen so viel weniger als Männer? Bitte!!! Endlich Beispiele!! Alle wollen gern wissen, wo und in welchem Job diese Bezahlungsunterschiede bestehen“, schreibt
User Andreas Sarkis auf www.wienerzeitung.at . Diesem Wunsch müssen Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern bereits seit 2011 nachkommen – zumindest intern und in anonymisierter Form. Weiterlesen…

Ungebremste Rad-Anarchisten

Erschienen in der „Wiener Zeitung“ am 15.10.2011

Hermes ist Wiens kleinster und wohl unkonventionellster Fahrradkurierdienst. Die  Rad-Boten übertreten Verkehrsregeln, singen Geburtstagsständchen und entscheiden gemeinsam

Wien. Fahrradbotin Therese schlängelt sich auf ihrem blitzblauen Rennrad an Autokolonnen vorbei, geht in marmorverfliesten Bürogebäuden ein und aus und fährt mit vollem Karacho über den Karlsplatz. „Rote Ampeln zu überfahren gehört zum Job“, sagt die 24-Jährige selbstbewusst. Für den Fahrradbotendienst Hermes – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Paketdienst – arbeiten rund zwanzig Boten, viele in ihren 20ern, andere sind über 40 Jahre alt. Und zur Hälfte sind es Frauen, die in die Pedale treten – das ist unüblich in der männerdominierten Branche.

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„Man darf Angriffe nicht persönlich nehmen“

Erschienen in der „Wiener Zeitung“ am 01.09.2011

Top-Managerin Marianne Heiß über Disziplin bei der Karriereplanung, warum sie gegen Frauenquoten ist und Kinder kein Hindernis am Weg nach oben sind.

Bettina Figl: Zwei Prozent der Vorstände sind Frauen. Was machen wir falsch?

Marianne Heiß: Frauen trauen sich einen Job nicht zu, obwohl sie 95 Prozent der Qualifikationen mitbringen. Männer nehmen den Job an, auch wenn sie nur 50 Prozent der Anforderungen entsprechen. Frauen müssen sich mehr zutrauen und besser vernetzen. Weiterlesen…

Ö1-Interview mit Autorin Asli Erdogan

Pro-kurdisch, links und feministisch: Die türkische Autorin Asli Erdogan eckt in ihrer Heimat an. Für die Literaturzeitschrift „Lire“ ist sie eine der fünfzig wichtigsten Schriftstellerinnen der Zukunft, sie erhielt den „Sait-Faik-Preis“, den bedeutendsten Literaturpreis der Türkei.

Lesen und hören Sie hier den Originalbeitrag auf Ö1: http://oe1.orf.at/artikel/285629

Trotzdem ist sie in ihrer Heimat nicht sehr bekannt. Sie sagt, als Frau habe man es als politisch Andersdenkende noch schwerer, denn die Türkei sei eines der größten Macholänder der Welt: „Natürlich ist dieser Machismo nicht so gewaltig. Wenn du eine Frau bist und die Karten richtig spielst, kannst du eine raketenartige Karriere hinlegen. Die Männer sitzen auf den mächtigen Posten, und alles was du tun musst, ist ihrem Ideal einer Frau zu entsprechen. Wenn du aber links, pro-kurdisch, pro-armenisch und eine Feministin bist und – sagen wir – lockere Moralvorstellungen hast, dann vergiss es. Sie geben dir keine Chance, auch nur zu atmen.“

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