Zurück zum Heimatabend

by Bettina Figl

150 Jahre Alpenverein

Die rot-weiß-rote Markierung führt zum Ziel: In diesem Fall zur Pühringerhütte im Toten Gebirge in Oberösterreich.

Junge Männer ballerten mit ihren Waffen herum, geschlafen wurde in den überfüllten Hütten auf Bänken und unter den Tischen. Und der Spruch „auf der Alm, da gibt’s koa Sünd’“ dürfte auch keine Mär sein, wenngleich der in den Aufzeichnungen vermerkte „Alpinismus Sexualis“ lediglich Rückschlüsse auf die praktizierte Freikörperkultur zulässt. Doch die Geschichte des 1862 gegründeten Österreichischen Alpenvereins (OeAV) hat keineswegs nur amüsante Anekdoten vorzuweisen: Bei der Verhetzung von Juden hatte er eine Vorreiterrolle inne.

Dieser Artikel ist am 28.8.2012 in der Wiener Zeitung erschienen.

Im anlässlich des 150-jährigen Jubiläums publizierten Buch „Berg Heil!“ wird nun die nationalsozialistische Geschichte aufgearbeitet. Bereits 1920, also weit vor der Machtergreifung der Nationanalsozialisten, nahmen viele der insgesamt 400 Dachverband unterstellten Sektionen den Arier-Paragrafen in die Satzung auf. Aus der Wiener Sektion Donauland – dem damals größten Verein – wurden Juden ausgeschlossen, sie gründeten daraufhin die Sektion Donauland. Auf den Hütten hingen Hakenkreuze, und auf Schildern prangte: „Juden und Mitglieder des Vereins Donauland sind hier nicht erwünscht.“ Nach mehrjährigem Trommelfeuer der Antisemiten wurde die Sektion Donauland schließlich im Dezember 1924 auf einer Hauptversammlung des DuOeAV aus diesem ausgeschlossen.

Ursprünglich als bürgerlicher Bildungsverein gegründet, begann man im OeAV schon kurz nach 1862 mit der Wegmarkierung und dem Hüttenbau. Heute hat der OeAV 415.000 Mitglieder, der Deutsche Alpenverein sowie der OeAV betreiben in Österreich je 200 Hütten. Doch die Zeiten, in denen hier Wehrmachtslieder gesungen wurden, sind vorbei. Vielmehr zieht es junge, urbane Menschen in die Berge: Die stärksten Zuwächse verzeichnen die Wiener Sektionen Edelweiß und Donauland, ein Drittel der Vereinsmitglieder hat seinen 30. Geburtstag noch vor sich. Dafür mitverantwortlich ist auch der Trend zum Sportklettern: Hütten in attraktiven Klettergebieten oder an Mountainbikestrecken werden besonders gerne von jungen Leuten frequentiert, sagt Martin Achrainer vom Österreichischen Alpenverein Innsbruck.

Dass die Jungen in die Berge gehen, ist für den Historiker nichts Neues: War es für Jugendliche in den 1920er Jahren noch unattraktiv, vereinsmäßig organisiert zu sein, machten sie kurz nach dem Zweiten Weltkrieg bereits 25 Prozent der Mitglieder aus. Das Pendant zum bürgerlichen Alpenverein waren die 1895 gegründeten sozialistischen Naturfreunde – mittlerweile ist die Ideologie der beiden alpinen Vereine stark in den Hintergrund gerückt, man wird eher aus pragmatischen Überlegungen Mitglied: Mit einem Ausweis des Alpenvereins zahlt man weniger für Nächtigungen auf den Hütten und für Fortbildungen, im Falle eines Rettungseinsatzes ist man versichert.

300 Menschen sterben jährlich in den Bergen
Denn der Alpinismus ist nicht ungefährlich: 300 Menschen sterben pro Jahr in den Bergen – eine Zahl, die relativ gesehen werden muss, sagt Michael Larcher vom Bergsportreferat des Alpenvereins. Mehr als drei Millionen Menschen jährlich gehen zumindest gelegentlich wandern. „Es sind nicht die jungen Wilden, sondern die 30- bis 50-Jährigen machen den Großteil der Unfallopfer in Österreich aus“, sagt Larcher. Und der Großteil der Todesfälle ist nicht auf Unfälle, sondern auf Herz-Kreislauf-Probleme zurückzuführen. Oft ist es Selbstüberschätzung, die vor allem Männern zum Verhängnis wird: „Es ist unumstritten, dass sich Männer eher überfordern und zu ehrgeizige Ziele stecken.“

Während des Wanderns sollte man sich unterhalten können, rät Larcher, das Tempo sei an den Schwächsten der Gruppe anzupassen. Als Basisausstattung empfiehlt er wasserdichte Kleidung, eine Stirnlampe, ein Handy mit vollem Akku und mindestens einen Liter Wasser pro Person.