Der verlorene Kampf um Leserstimmen

by Bettina Figl

Hoh-hoh-hoh-hoah. Jedes Mal wenn ein neues Wahlergebnis eintrifft, wird das Lied „Kung Fu Fighting“ angespielt. Es soll die Aufmerksamkeit kanalisieren, denn die ist bei Bier, Curry und Sauerstoffmangel mitunter beeinträchtigt. Die Stimmung in der Zentrale der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) in der Wiener Taubstummengasse war am Donnerstagabend ausgelassen. Wenn die Studentenvertreter aller Couleur gemeinsam den eintrudelnden Ergebnisse entgegenfiebern, bildet das den Höhepunkt der alle zwei Jahre stattfindenden ÖH-Wahl.

Dieser Artikel ist am 21.5.2015 erschienen und hier nachzulesen.

An der Uni Wien – der größten Uni des Landes – ging die ÖVP-nahe AG 24 Prozent der Stimmen als Siegerin hervor, der sozialistische VSStÖ lag bei 22 Prozent, gefolgt von den grünen GRAS mit 21 Prozent Dritte (Bundesvertretungs-Ebene). Ingesamt dürfte die AG als Siegerin hervor gehen, während sich beim VSStÖ Verluste abzeichneten. Die GRAS konnte ihre Stimmen in etwa halten. Während die AG bei den ÖH-Wahlen meist gewinnt, darf sie kaum mitregieren, weil meist linke Koalitionen gebildet werden. AG-Spitzenkandidat Jens Eipper will das nun ändern: „Es ist ein neues Wahlergebnis und eine neue Situation. Wir können uns dem Willen der Studierenden nicht mehr verweigern.“ An der Uni Wien gingen heuer 21 Prozent und damit etwas weniger Studierende wählen als noch vor zwei Jahren. Das scheint der allgemeine Trend zu sein, und die Hoffnungen, die wiedereingeführte Direktwahl würde mehr Studierende mobilisieren, scheinen geplatzt. Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner hält dennoch an dem Wahlmodus fest, sagte er bei seinem Besuch bei der ÖH-Wahlparty: „Die Direkt- und Briefwahl sind der geringste Grund für die niedrige Wahlbeteiligung.“ Dennoch: Wenn die Wahlbeteiligung noch niedriger ausfällt als bei der letzten ÖH-Wahl müssten sich die Beteiligten fragen „ob Gewichtung zwischen Service und Angebot stimmt.“ Er deutet an, dass er mit dieser nicht ganz einverstanden ist: „Die gesellschaftspolitische Ausrichtung der ÖH hat es nicht geschafft, eine emotionale Bindung zu den Studenten herzustellen.“

Andere Erklärungen haben die Studentenverteter: „Die Studenten konnten zum ersten Mal seit 12 Jahren auf allen drei Ebenen und via Briefwahl wählen. Es braucht Anlauf, bis sich das etabliert“, sagt FEST-Spitzenkandidat Sasan Djalali. Leicht genervt reagiete die Grüne Wissenschaftssprecherin und Ex-ÖH-Vorsitzende Sigrid Maurer auf die Frage der Legitimation bei einer derart geringen Wahlbeteiliung: „Die Wahlbeteiligung hat nichts mit der Arbeit und Schlagkräftigkeit der ÖH zu tun.“ Dass wenige wählen gehen erklärt sie sich damit, dass 60 Prozent der Studierenden im Schnitt 20 Stunden pro Woche arbeiten: „Deren Lebensmittelpunkt ist nicht unbedingt die Uni.“ Mitterlehner will keine Koalitionspräferenz aussprechen, auch nicht für die ÖVP-nahe AG, wünscht sich aber eine „aktions- und handlungsfähige“ ÖH. Eine solche besteht laut Maurer aus einer Zweierkoalition. Ihre „realistische Wunschkoalition“ besteht aus der sozialistischen VSStÖ und – wenig überraschend – aus der grünen GRAS. Wie erwartet haben die Fachschaftslisten FLÖ und die frühere FH-Fraktion FEST, die vor zwei Jahren auf Platz Zwei und Drei lag,en Stimmen verloren. „Uns war klar, dass wir nicht von der Direktwahl profitieren weden“, sagt Djalali, aber „die direkte Demokratie ist wichtiger.“