Seit Günther Krabbenhöft vor zwei Jahren von Touristen am U-Bahn-Steig in Berlin fotografiert wurde, hat sich sein Leben auf einen Schlag geändert. Heute jobbt der 72-Jährige, der fast sein ganzes Leben lang als Koch gearbeitet hat, als Model und Stilberater, und er ist ein Star in den sozialen Netzwerken. Dass die Fotos für dieses Interview am Berliner Tempelhofer Feld entstehen sollten, gefiel ihm nicht – er kann große Menschenansammlungen nicht leiden und kritisiert, dass an diesem Platz keine Sozialwohnungen entstehen. Doch als er dann im Abendlicht zwischen Sonnenblumen für die Kamera posiert, ist er wieder in seinem Element. Er kommt mit zwei 10-Jährigen in Fußball-Trikots ins Gespräch und erklärt ihnen, dass sich ein Gentleman stets höflich und respektvoll verhält.
Dieser Artikel ist am 23.9.2017 im Extra der Wiener Zeitung erschienen.
Sucht man Frauen-Rap mit Anspruch, wird man fündig – auch in Österreich
Let’s talk about sex, baby / Let’s talk about you and me / Let’s talk about all the good things and the bad things that may be: Das soll ein emanzipatorischer Schlachtruf sein? Ja, denn die Rap-Pionierinnen Salt’n’Pepa taten mit ihrer Hitsingle Anfang der 1990er Jahre etwas, das heute für rappende Frauen, so sie erfolgreich sein wollen, ein No-Go ist: Sie führten Geschlechterstereotype ad absurdum, anstatt diese einzuzementieren. Gibt man heute „Nicki Minaj“, den Namen einer der erfolgreichsten Rapperinnen, in Google ein, spuckt die Suchmaschine Folgendes aus: „Nicki gelingt es, angezogen und gleichzeitig halbnackt zu sein. Für ein Shooting schlüpfte sie in ein hautenges schwarzes Kleid (…) ihr gekonnter Griff zu den Brüsten wollte wohl weniger verdecken als vielmehr betonen, ganz nach dem Motto: ‚Seht her, was ich habe!‘“
Im Underground zeigen Rapperinnen nicht nackte Haut, sondern ihr Können
Zwar war Rap mit Anspruch an den Intellekt – in der Szene spricht man vom Conscious Rap – stets nur eine Nische, auch MC Lyte („Cold Rock A Party“) und Salt’n’Pepa („Push It“, „Let’s Talk About Sex“), die „Battle Queen“ Roxanne Shanté oder später Missy Elliot waren nicht um Partyansagen und schlüpfrige Lyrics verlegen. Sie erreichten das Publikum mit ihrer Musik, ohne ihren Sexappeal zu negieren – aber ob sie in übergroßen Kapuzenpullis oder in Hot Pants auftraten, spielte keine wesentliche Rolle. Sozialkritische Texte waren eher die Regel als die Ausnahme, bei Queen Latifah, die 1994 in „Unity“ häusliche Gewalt anprangerte, klingt das so: I don’t want my kids to see me getting beat down / By daddy smacking mommy all around / You say I’m nothing without ya, but I’m nothing with ya / A man don’t really love you if he hits ya (sic!).
Interview mit Heinz Ratz: Der deutsche Musiker ist mit Asylwerbern auf Deutschland-Tour960 Kilometer laufen für Obdachlose, 850 Kilometer schwimmen für den Artenschutz, 7000 Kilometer Radfahren für Flüchtlinge: Der deutsche Musiker Heinz Ratz weiß, wie man Menschen ins Rampenlicht holt, die sonst im Abseits stehen. Als er vor zwei Jahren beim „moralischen Triathlon“ 80 Flüchtlingsheime mit seinem Rad besuchte, fand er auf desaströse Lebensbedingungen – und musikalisches Talent. Mit 30 Asylwebern nahm seine Band „Strom & Wasser“ eine abwechslungsreiche CD auf: Reggae von der Elfenbeinküste, Balladen aus Somalia und Gambia, afghanischer Rap. 50 Mal standen die Refugees heuer auf der Bühne, bis Jahresende wollen sie noch einmal so viele Konzerte geben. Begleitet hat sie ein Kamerateam, im Herbst kommt die Dokumentation „Can’t Be Silent“ ins Kino.
Nicht nur Pussy Riot haben sich Feminismus auf die Fahnen geheftet, auch in Österreich machen „Riot Grrrls“ Krawall: Porträt der Wiener Noise-Punk-Band Aivery, die am Girls Rock Camp in Niederösterreich gegründet wurde
Verzerrte Gitarre, das Schlagzeug setzt ein, der Gesang bleibt im Hintergrund. Erst im letzten Teil kommt die Frauenstimme dazu, der emotional-aggressive Ausbruch von Franziska Schwarz geht unter die Haut: „I got home, you got lost“, singt sie, und nicht nur die Architektur des Songs ist ungewöhnlich.
Dieser Artikel ist am 18.4.2013 in der „Wiener Zeitung“ erschienen und im Original hier zu lesen.
Max Herre kehrt mit seinem dritten Solo-Album zum Rap zurück, ohne dabei der Soulmusik den Rücken zu kehren. Eingängige Melodien, kluge Texte und Zeilen, die wie von selbst fließen: „Man fand ihn immer, daheim in seinem Zimmer / er nickte mit dem Kopf und schnippte mit dem Finger“ – das alles erinnert unweigerlich an die Anfänge bei Herres früheren Band „Freundeskreis“.
Dieser Artikel ist am 29.09.2012 im „Extra“ erschienen.
„Beatles oder Rolling Stones?“ lautet die wohl meistgestellte Frage unter Musikliebhabern. Aus den Live-Performances von „Love Me Do“ oder „I Can’t Get No“ nicht wegzudenken sind kreischende Frauen in der ersten Reihe. Das ist Jahrzehnte her, inzwischen verkaufen Popstars wie Lady Gaga am meisten Platten.
Diese Analyse ist am 16.06.2012 in der „Wiener Zeitung“ erschienen
Seine Konzert-Tournee durch Europa führt ihn auch in die Salzburgarena
Seine Musik überrollt den Hörer wie eine Welle der Schwermut: Mit rauchiger Stimme und melancholischen Texten zelebriert er das Leben, die Liebe und den Schmerz. Cohens misanthropes Weltbild kam am stärksten 1971 zum Vorschein, als die Platte „Songs of Love and Hate“ herauskam. Kritiker mokierten, die Rasierklingen sollten dem Album gleich beigelegt werden.
Der Beitrag wurde am 27.7.2010 auf Ö1 gesendet und ist hier nachzuhören
Rösingers erstes Solo-Album: Die traurigste Platte aller Zeiten
Christiane Rösinger wurde als Sängerin der Berliner Bands Britta und Lassie Singers bekannt. Seit kurzem ist sie auch auf Solo-Pfaden unterwegs – und schon wird sie von Kritikern als „beste lebende deutsche Songwriterin“ gehuldigt und mit Bob Dylan verglichen.
Musik ist nach wie vor ein Randthema an Österreichs Schulen
Pisa und Mini-Matura, Gesamtschule und Bildungsvolksbegehren – Schulthemen werden politisch heiß diskutiert. Doch wie wirkt sich das auf den Stundenplan aus? Bleibt da noch Platz für Kunst? Musik in den Schulen ist sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch an den Schulen meistens ein Randthema.
Der Ö1-Beitrag ist am 03.02.2011 als Kulturjournal gesendet worden und ist hier nachzuhören.
Klotzen statt Kleckern: Egal ob im amerikanischen Musikmagazin „Rolling Stone“ oder im deutschen Feuilleton – „My beautiful dark twisted fantasy“ von Kanye West wird als eines der besten Alben des vergangenen Jahres gefeiert. Kanye West ließ sich die Produktion seines fünften Studioalbums drei Millionen US-Dollar kosten.
Der Bericht ist als Ö1-Kulturjournal am 30.12.2010 gesendet worden. Nachhören hier
Auch in der Wiener Arena ging es den Riot-Girl-Bands Vivian Girls und Plaided um Revolution anstatt um Perfektion
Fünf junge Frauen auf der Bühne, die sich für Garagen-Punk begeistern. Das ist im männerdominierten Punk-Umfeld immer noch eine Seltenheit. „Do it Yourself“ ist ihr Motto und das ist auch der Name eines neuen Trends in der U-Musik. Das Ö1-Kulturjournal wurde am 13.07.2010 gesendet und ist hier nachzuhören.