Schwimmen statt Planschen

by Bettina Figl

Vereine, Schulen und Hobbyschwimmer müssen weiterhin auf städtische Bäder ausweichen. Nach Stadthallenbad-Misere kommen jetzt mehr Sportschwimmer-Bahnen.

Erschienen in der „Wiener Zeitung“ am 28.01.2012

Wien. Das einzige 50-Meter-Hallenbecken der Stadt liegt seit über eineinhalb Jahren im Trockenen. Und das wird es wohl aufgrund von Baumängeln bei der Renovierung des Stadthallenbades bis auf Weiteres auch bleiben. Während die Profi-Schwimmer in das Provisorium des überdachten Stadionbads ausweichen, trainieren Österreichs Springer auf ein- bis drei Meter hohen Türmen in den öffentlichen Bädern.

Und diese platzen ohnehin bereits aus allen Nähten: Von zehn Prozent mehr Besuchern aufgrund des geschlossenen Stadthallenbades berichtet Bäder-Sprecher Martin Kotinsky. In den zwölf öffentlichen Hallenbädern Wiens ziehen Schüler, Vereinsschwimmer und Hobbyschwimmer ihre Bahnen – wobei Letztere das kühle Nass oft eher zum „Planschen“ als zum Schwimmen nutzen.

Ab diesem Wochenende Probebetrieb für Bahnen

Denn das Bahnschwimmen ist meist Vereinen und Schulklassen vorbehalten. Nun kündigt Kotinsky gegenüber der „Wiener Zeitung“ an, den sportlichen Schwimmern ab dem 28. Jänner an den Wochenenden „probeweise ein bis zwei zusätzliche, abgetrennte Bahnen zur Verfügung zu stellen, wenn es der Betrieb zulässt“. Unter der Woche dürfen weiterhin nur Vereine und Schulklassen in die Bahnen.

Bedarf für mehr Ordnung in den Schwimmbecken besteht: „Als langsamer Ausdauerbrustschwimmer ist es schwierig, sich durch Kampf-Krauler und unkoordinierte Rückenschwimmer zu manövrieren. Es hätte schon längst Bahnen für schnelle und langsame Schwimmer geben sollen“, sagt etwa Florian Kraus, Stammgast im Jörgerbad, neben dem Hütteldorferbad das einzige Hallenbad, wo es die Wochenend-Bahnen bereits seit einiger Zeit gibt.

Dass diese nun ausgeweitet werden sollen „war allerhöchste Eisenbahn“, befindet Diego Mosca – schließlich sei es für planschende alte Damen nicht angenehm, wenn sportlichere Schwimmer wie er „durchpflügen“. Der 28-jährige Kunststudent meint, es gäbe in Wien nicht zu wenig Bäder, sondern zu wenig Ambitionen, sportliches Schwimmen in geordneten Bahnen zu fördern.

Dennoch: Wiens Bäderinfrastruktur ist mit jener anderer Städte nicht vergleichbar; in Berlin gibt es beispielsweise zehn 50-Meter-Becken – in ganz Österreich sind es gerade einmal vier.

„In Deutschland hat jedes Bundesland mindestens fünf, sechs Bäder dieser Art“, berichtet Thomas Gangel, Generalsekretär des Österreichischen Schwimmverbands. „Nicht nur die Nationalmannschaft leidet unter dem geschlossenen Stadthallenbad, sondern auch das normale Vereinstraining“, sagt er.

Anders sieht das der Präsident des Landesschwimmverbandes Wien und SPÖ-Gemeinderat Christian Meidlinger: „Wiens Bäderinfrastruktur hält jeder internationalen Großstadt stand. Es hat die letzten eineinhalb Jahre funktioniert. Es ist so, wie es ist.“ Er sagt aber auch: „Das Stadthallenbad fehlt an allen Ecken und Enden, zu sagen es geht nicht ab, wäre gelogen.“

„In Wien kann man nicht richtig schwimmen“

Enttäuscht über die verschobene Wiedereröffnung des Stadionbades zeigt sich Thomas Schoiswohl: „Das ist ein Wahnsinn, das geht nicht.“ Er ist in den vergangenen Monaten weniger in öffentlichen Becken geschwommen, da man dort „nicht richtig schwimmen kann“. Wenn, dann zieht der 32-jährige Konzeptkünstler seine Bahnen im Schwimmbecken des Sportinstituts der Uni Wien auf der Schmelz, wo er auch Wasserball trainiert. Die Wiener Bäder beschreibt er als „Planschbecken“.

Ob Nordbahnhof oder Transdanubien: Die Stadt wächst – wäre da nicht ein Ausbau der Bäder anzudenken? „In Zeiten wie diesen, im laufenden Budget, können wir kein neues Bad bauen“, sagt Kotinsky.