Zwischen Lob und Kritik
by Bettina Figl
Freude auf der einen, Enttäuschung auf der anderen Seite: So würde die simplifizierte Zusammenfassung der Reaktionen der jüdischen und türkischen Communitys in Wien auf das Hissen der israelischen Flagge der österreichischen Bundesregierung Wien lauten. Dieser Artikel ist am 21.5.2021 in der „Wiener Zeitung“ erschienen.
Doch es würde sich nicht um den Nahost-Konflikt handeln, wenn die Sache nicht um ein Vielfaches komplizierter wäre. Nicht erst seit die israelische Flagge vom österreichischen Bundeskanzleramt und Außenministerium geweht hat, schießen die Emotionen bei dem Thema auch in Wien hoch. Kritik an der österreichischen Bundesregierung kommt jedenfalls nicht nur von erwartbarer Seite, wie eine Straßenbefragung und ein Rundruf der „Wiener Zeitung“ zeigen.
„Alle finden das gut“
„Alle, die ich kenne, finden es gut, dass Österreich die israelische Flagge gehisst hat“, sagt ein Mitglied der jüdischen Gemeinde in Wien, das, wie so viele bei diesem Thema, lieber anonym bleiben möchte.
Auch ein jüdisch-orthodoxer Mann, der einen Kinderwagen über den Karmeliterplatz im 2. Bezirk schiebt, befürwortet den Schritt, den er als Solidaritätsbekundung mit Israel einstuft: „Wien hat bis heute über den Zweiten Weltkrieg kein Wort gesagt, es ist gut, dass man sich jetzt endlich zu Wort meldet“, sagt er, und seine Ehefrau nickt zustimmend.
Zu den Ausschreitungen zwischen den Hamas und Israel sagt der Familienvater: „Israel muss sich verteidigen, eine andere Sprache versteht die Hamas nicht. Gott sei Dank haben wir den Iron Dome.“ In der türkischen Community sieht man das anders. In einem türkischen Restaurant in Penzing, wo wenige Tage nach den Gastro-Öffnungen reges Treiben herrscht, ist man sich einig, dass die österreichische Regierung mit dem Hissen der israelischen Flagge ein falsches Zeichen gesetzt hat.
Beide Seiten sollten beachtet werden. Dadurch, dass nur die israelische Flagge gehisst wurde, fühlen wir uns hintergangen“, sagt Kellner Nuri, der seinen echten Namen nicht nennen will. Umut K., der in einem Kebapstand am Schwedenplatz Döner und Dürum verkauft, nimmt es gelassener: „Mich interessiert weder, was Israel macht, noch, was die Türkei macht, ich lebe ja in Österreich.“
Nicht viel hält der türkische Staatsbürger K. von dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der als Reaktion auf die gehisste Israel-Flagge den österreichischen Staat „verfluchte“ und sagte: „Österreich will wohl, dass die Muslime den Preis dafür zahlen, dass er die Juden einem Genozid unterzogen hat.“ Aber selbst in der jüdischen Community hört man vereinzelt kritische Stimmen.
„Stößt viele vor den Kopf und bewirkt nichts“
Eine dieser Stimmen ist Elias Weiss: Student, 26, Wiener, politisch engagiert, ein vehementer Kämpfer gegen Antisemitismus und selbst Jude. Weiss, der Solidarität mit dem israelischen Kampf gegen die Hamas begrüßt, bezeichnet das Hissen der Israel-Flagge aber als „interessante politische Aktion von Bundeskanzler Kurz“, die auf ihn wirke wie „innenpolitische Symbolpolitik, die viele vor den Kopf stößt, und nichts bewirkt“.
Er kritisiert, dass sich Kurz einerseits „als Beschützer Israels aufspiele“ und gleichzeitig heuer kein hochrangiger ÖVP-Politiker an der Mauthausen-Gedenkfeier teilgenommen hat (mit Ausnahme des EU-Abgeordneten Lukas Mandl, Anm.).
Weiss, der an der Uni Wien Politikwissenschaften studiert, erinnert an den AG-Skandal, bei dem Studierendenvertreter der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft einander antisemitische Nachrichten geschickt haben und daran, dass die ÖVP mit der FPÖ koaliert hat, deren Politiker für antisemitische Äußerungen bekannt sind.
Anstatt die Stimmung zusätzlich anzuheizen, wünscht sich der Student von der österreichischen Bundesregierung, dass diese sich „aktiv gegen Antisemitismus hier in Österreich einsetzt, nicht nur dann, wenn es gerade politisch opportun ist“.
Freude auf der einen, Enttäuschung auf der anderen Seite: So würde die simplifizierte Zusammenfassung der Reaktionen der jüdischen und türkischen Communitys in Wien auf das Hissen der israelischen Flagge der österreichischen Bundesregierung Wien lauten.
Doch es würde sich nicht um den Nahost-Konflikt handeln, wenn die Sache nicht um ein Vielfaches komplizierter wäre. Nicht erst seit die israelische Flagge vom österreichischen Bundeskanzleramt und Außenministerium geweht hat, schießen die Emotionen bei dem Thema auch in Wien hoch. Kritik an der österreichischen Bundesregierung kommt jedenfalls nicht nur von erwartbarer Seite, wie eine Straßenbefragung und ein Rundruf der „Wiener Zeitung“ zeigen.
„Alle finden das gut“
„Alle, die ich kenne, finden es gut, dass Österreich die israelische Flagge gehisst hat“, sagt ein Mitglied der jüdischen Gemeinde in Wien, das, wie so viele bei diesem Thema, lieber anonym bleiben möchte.
Auch ein jüdisch-orthodoxer Mann, der einen Kinderwagen über den Karmeliterplatz im 2. Bezirk schiebt, befürwortet den Schritt, den er als Solidaritätsbekundung mit Israel einstuft: „Wien hat bis heute über den Zweiten Weltkrieg kein Wort gesagt, es ist gut, dass man sich jetzt endlich zu Wort meldet“, sagt er, und seine Ehefrau nickt zustimmend.
Zu den Ausschreitungen zwischen den Hamas und Israel sagt der Familienvater: „Israel muss sich verteidigen, eine andere Sprache versteht die Hamas nicht. Gott sei Dank haben wir den Iron Dome.“ In der türkischen Community sieht man das anders. In einem türkischen Restaurant in Penzing, wo wenige Tage nach den Gastro-Öffnungen reges Treiben herrscht, ist man sich einig, dass die österreichische Regierung mit dem Hissen der israelischen Flagge ein falsches Zeichen gesetzt hat.
Beide Seiten sollten beachtet werden. Dadurch, dass nur die israelische Flagge gehisst wurde, fühlen wir uns hintergangen“, sagt Kellner Nuri, der seinen echten Namen nicht nennen will. Umut K., der in einem Kebapstand am Schwedenplatz Döner und Dürum verkauft, nimmt es gelassener: „Mich interessiert weder, was Israel macht, noch, was die Türkei macht, ich lebe ja in Österreich.“
Nicht viel hält der türkische Staatsbürger K. von dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der als Reaktion auf die gehisste Israel-Flagge den österreichischen Staat „verfluchte“ und sagte: „Österreich will wohl, dass die Muslime den Preis dafür zahlen, dass er die Juden einem Genozid unterzogen hat.“ Aber selbst in der jüdischen Community hört man vereinzelt kritische Stimmen.
„Stößt viele vor den Kopf und bewirkt nichts“
Eine dieser Stimmen ist Elias Weiss: Student, 26, Wiener, politisch engagiert, ein vehementer Kämpfer gegen Antisemitismus und selbst Jude. Weiss, der Solidarität mit dem israelischen Kampf gegen die Hamas begrüßt, bezeichnet das Hissen der Israel-Flagge aber als „interessante politische Aktion von Bundeskanzler Kurz“, die auf ihn wirke wie „innenpolitische Symbolpolitik, die viele vor den Kopf stößt, und nichts bewirkt“.
Er kritisiert, dass sich Kurz einerseits „als Beschützer Israels aufspiele“ und gleichzeitig heuer kein hochrangiger ÖVP-Politiker an der Mauthausen-Gedenkfeier teilgenommen hat (mit Ausnahme des EU-Abgeordneten Lukas Mandl, Anm.).
Weiss, der an der Uni Wien Politikwissenschaften studiert, erinnert an den AG-Skandal, bei dem Studierendenvertreter der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft einander antisemitische Nachrichten geschickt haben und daran, dass die ÖVP mit der FPÖ koaliert hat, deren Politiker für antisemitische Äußerungen bekannt sind.
Anstatt die Stimmung zusätzlich anzuheizen, wünscht sich der Student von der österreichischen Bundesregierung, dass diese sich „aktiv gegen Antisemitismus hier in Österreich einsetzt, nicht nur dann, wenn es gerade politisch opportun ist“.