Das meditierende Klassenzimmer

by Bettina Figl

Luiza PuiuDer Leistungsdruck an Schulen steigt. Immer öfter findet sich deshalb Achtsamkeit auf dem Stundenplan. Jugendliche, die auf Dreck starren – und das im Schulunterricht. „Hier, dieser Dreck! Das ist mir noch nie aufgefallen!“ sagt Lehrerin Verónica Pagura, Lehrerin an der Vienna International School. Sie steht im dunklen Klassenzimmer und leuchtet mit einer Taschenlampe auf einen grauen Fleck an der Decke. Die Teenager haben ihre Köpfe in den Nacken gelegt, ihre Blicke folgen dem Licht. Die Taschenlampe soll veranschaulichen, was passiert, wenn man still wird und seine Gedanken beobachtet.

Mindfulness statt Mathe: Heute steht in der Vienna International School im 22. Bezirk Achtsamkeit am Stundenplan. Denn für Kinder und Jugendliche nimmt der Stress immer mehr zu. Cyber-Mobbing, Pisa-Tests, und das Smart-Phone als ständiger Begleiter. Anstatt an dem System zu rütteln, holen sich immer mehr Schulen Hilfe in Form von alten Meditationstechniken. Diese kommt zwar aus der buddhistischen Tradition, wird im Unterricht aber säkular gelehrt.

Dieser Artikel ist am 10.5.2017 in der „Wiener Zeitung“ erschienen und hier nachzulesen.


In der Schule sollen Jugendliche also plötzlich „an nichts“ denken, während sie an die weiße Decke und Dreck starren? Tiefe Atemzüge sollen ihnen dabei helfen, ganz im Moment zu sein? Vergessen sie nicht ohnehin schon zu oft darauf, ihre Hausaufgaben zu erledigen? Und was hat eine Klangschale im Klassenzimmer verloren? Für viele klingt all das stark nach Esoterik.

Yogis, Manager, und jetzt auch Schüler

Stressreduktion, gestärktes Immunsystem und langsamere Zellalterung sind nur einige der vielen wissenschaftlich belegten Effekten, die dazu führten, dass der Trend zur Meditation voll eingeschlagen hat. Yogis wie Manager meditieren mit Apps wie „Headspace“ oder „7 Mind“ – die einen, um das Nirvana zu erreichen, die anderen, um einen klaren Kopf für das nächste Meeting zu bekommen. Allmählich entdecken auch Schulen Meditation für sich. Die „Pädagogik der Achtsamkeit“ zielt vor allem auf verbesserte Steuerung von Aufmerksamkeit, Emotionen und Impulsen ab.

Wenn Kinder und Jugendliche im Unterricht einige Minuten nichts anderes tun als sich auf ihren Atem konzentrieren, ist das an öffentlichen Schulen in Großbritannien und einigen US-Bundesstaaten wie Kalifornien längst Normalität. In Österreich sind nur wenige Schulen auf den Zug aufgesprungen – unter ihnen vor allem private Schulen wie die Vienna International School oder jene, die sich der Montessori- oder Waldorfpädagogik verschrieben haben.

Auf einer Leinwand in der Vienna International School in Wien flimmert ein Animationsfilm. Den Jugendlichen der 9. Schulstufe wird eine Szene aus „Kung Fu Panda“ gezeigt. In diesem hat Po, der Pandabär, einen schlechten Tag. Die weise Schildkröte Oogway sagt, Po sei zu sehr damit beschäftigt, was in der Zukunft passieren könnte, und teilt mit ihm folgenden Spruch: „Yesterday is history, tomorrow is a mystery, but today is a gift, that is why it is called ‘the present’.“

Achtsamkeit soll Leistung steigern

Der Filmclip ist dem auf Jugendliche zugeschnittenen „.b“-Kurs entnommen, einem Programm des britischen Mindfulness in Schools Project (MiSP). Die NGO hat 2009 den ersten Unterrichtsplan zum Thema Achtsamkeit in Großbritannien ins Leben gerufen und seither weiterentwickelt. Ziel des Programms ist es, die Resilienz und die schulische Leistung junger Menschen zu steigern, heißt es auf der MiSP-Homepage. „Die Jugendlichen sind oft von dem Arbeitspensum überwältigt. Mit Achtsamkeit im Unterricht wollen wir etwas für ihr Wohlbefinden tun“, erklärt Lehrerin Pagura.

„Die Jugendlichen sind oft von dem Arbeitspensum überwältigt. Mit Achtsamkeit im Unterricht wollen wir etwas für ihr Wohlbefinden tun“, sagt Verónica Pagura, Lehrerin an der Vienna International School.© Luiza Puiu

Scheinbar ist es nie zu früh, um damit anzufangen: In dänischen Kindergärten suchen sich die Kleinkinder Steine, bemalen sie, und legen ihn sich ein paar Minuten lang auf den Bauch.

„Kinder können schon ab dem Alter von vier oder fünf Jahren meditieren. In diesem Alter sind Übungen, die das Nervensystem beruhigen, besonders wichtig“, sagt Helle Jensen. Die dänische Psychologin und Familientherapeutin ist Mitglied der 2007 gegründeten „Dänischen Gesellschaft zur Förderung von Lebensweisheit in Kindern“, die einen Achtsamkeits-Lehrgang in Berlin und Seminare zur Achtsamkeitspädagogik anbietet, letzteres auch in Österreich.

„Spürt ihr die Energie?“

Es ist die erste Achtsamkeits-Stunde, Lehrerin Pagura im Rahmen ihrer Klassenvorstandsstunde an der Vienna International School abhält. Die Jugendlichen sitzen im Sesselkreis, eine Schülerin hat den Kopf auf die Schulter ihrer Klassenkollegin gelegt. Pagura fordert sie dazu auf, in eine „starke Stille“ zu gehen, bei der sie ganz bei sich sind, und die anderen nicht stören.

Die Klasse folgt ihren Anweisungen: Die Augen schließen. Dreimal in die Hände klatschen. Die Handflächen zeigen zueinander, als würde man einen Ball halten. „Spürt ihr die Energie?“ Nun sollen die Jugendlichen jeden Finger einzeln wahrnehmen. Im Klassenzimmer ist es jetzt ganz still. Nach einigen Minuten wird nachbesprochen. „Ich habe das Klassenzimmer von ganz weit weg gesehen“, sagt ein Schüler, „Ich habe mich sehr schläfrig gefühlt“, kommentiert ein anderer.

Es ist das dritte Jahr, in dem sich der komplette 9. Jahrgang der Vienna International School in Achtsamkeit übt. Welche Erfahrungen machen die Jugendlichen damit? Können sie sich dadurch wirklich besser konzentrieren?

Kush Kumar, 15 Jahre alt, hat das Achtsamkeitstraining im Vorjahr absolviert. Er erzählt, er sei im Unterricht jetzt viel konzentrierter und aufnahmefähiger. Während er früher zuhause lernen musste genüge es nun, dass er seine Hausaufgaben erledigt.

Ganz anders die Erfahrung von Mohamed Afifi. Ihm bleibt trotz Achtsamkeitstraining das Strebern nicht erspart; der 15-Jährige erzählt, dass er jeden Abend bis 1 Uhr früh lernt. Als er vor wenigen Wochen sein Jahresprojekt vor einem großen Publikum präsentieren musste, war er sehr nervös. Eine Atemübung half ihm dabei, ruhiger zu werden, sein Lampenfieber wurde weniger. Auch vor Rugby-Matches setzt er seinen Atem jetzt gezielt ein.

„Ich brauche das nicht“, sagt hingegen Lea Andrusz. Die 15-Jährige ist Teil des Fußballteams, und für sie war die Achtsamkeit „eine gute Erfahrung, mehr nicht“. Der Schülerin hat die Gehmeditation am besten gefallen: „Früher war mir am Weg in die Schule langweilig, jetzt gehe ich einfach, ohne es zu bewerten.“

„Es geht darum, dass die Jugendlichen das Konzept verstehen. Sie sollen wissen, dass es da etwas gibt, auf das sie später, wenn sie im Leben schwierige Erfahrungen machen, zurückgreifen können“, sagt Kevin Hawkins. Der britische Pädagoge und Achtsamkeitstrainer war jahrelang Direktor der Internationalen Schule in Prag. Er selbst kam in den 1970er-Jahren ersten Mal auf einer Indien-Reise in Berührung. Das erlernte Wissen hat er 30 Jahre später wiederentdeckt, als seine Eltern starben und seine Ehe vor dem Aus stand.

„Jugendliche sollen wissen, dass es da etwas gibt, auf das sie später, wenn sie im Leben schwierige Erfahrungen machen, zurückgreifen können“, sagt der Pädagoge und Achtsamkeitstrainer Kevin Hawkins© Paulina Paliko

„Das Training hat mir geholfen, wesentliche Fähigkeiten, die man im Leben braucht, zu erlernen. Ich wünschte, ich hätte das gelernt, als ich 15 war und nicht erst mit 50.“ Nachdem ihm Achtsamkeit in dieser schwierigen Lebensphase weitergeholfen hatte, wollte er das Wissen in seiner Schule in Prag weitergeben – zuerst einmal innerhalb der Lehrerschaft.

Denn bevor diese Achtsamkeit unterrichten, müssen sie eine Ausbildung durchlaufen – beim britischen Marktführer MiSP dauert acht Wochen und vier Tage. Noch bevor man das Training antreten darf, muss man sechs Monate auf eigene Faust meditiert haben.

An der Vienna International School haben 20 Lehrerinnen und Lehrer diese Ausbildung. Vorreiterin war die Vertrauenslehrerin Kirsty Evitt. Gibt es Streit mit Lehrern, Klassenkollegen oder zu Hause: Bei Problemen ist Evitt oft die erste Anlaufstelle für die 1500 Kinder oder Jugendliche an der Vienna International School.

Evitt meditiert selbst jeden Tag 20 Minuten lang, denn sie kennt depressive Verstimmungen aus ihrer eigenen Vergangenheit, und sagt über Achtsamkeit: „Ich weiß, dass es für mich funktioniert. Aus diesem Grund will ich unbedingt, dass es das an der Vienna International School gibt.“

Die positiven Effekte von Meditation auf psychische Erkrankungen sind wissenschaftlich belegt. Diese Erkrankungen treten oft zum ersten Mal in der Pubertät auf: 75 Prozent beginnen vor dem 25. Lebensjahr, und die Hälfte bis zum 16. Lebensjahr. Mit früher Interventionen kann vorgebeugt werden, so das britische Gesundheitsministerium.

90 Prozent der Kinder und Jugendlichen an der Vienna International School sind Teil der internationalen Community. Viele der Eltern arbeiten für die Vereinten Nationen. Manche sind noch nicht lange in Österreich, die Unterrichtssprache ist Englisch. Neonröhren, grüner Plastiklaminat, die Kids tragen Converse und Kapuzenpulli: Auf den ersten Blick wirkt die Vienna International School nicht wie eine Eliteschule, in der sich das Schulgeld auf 15.000 bis 20.000 Euro pro Jahr beläuft.

In Schulen wie dieser lasten hohe Erwartungen auf den Schultern der Kinder. „Gute Noten sind ein Muss, es wird oft erwartetet, dass sie studieren“, sagt Evitt. „Das sind ganz normale Kinder und Jugendliche“, sagt Direktor Peter Murphy. „Sie haben aber das Glück, dass in Haushalten mit Büchern und mit Eltern aufwachsen, die sich wünschen, dass ihre Kinder ein glückliches und erfolgreiches Leben führen.“

Erfolg durch Leistung

Wenn Direktor Murphy an einem Freitagabend um 21 Uhr das Schulgebäude verlässt, trifft er manchmal auf Schülerinnen, die an einem Projekt arbeiteten. „Das wäre mir als Schüler im Leben nicht eingefallen“, sagt Murphy.

Die Arbeit wurde in den vergangenen Jahrzehnten mehr – auch an den Schulen. Mitschuld sind die neuen Medien. An der Vienna International School haben alle Volksschulkinder i-Pads, ab der 4. Klasse hat jede Schülerin und jeder Schüler einen Laptop. Alle Unterlagen sind online verfügbar.

„Wir dachten, Technologie würde unser Leben vereinfachen. In Wirklichkeit hat sich das Arbeitspensum verdoppelt“, sagt Murphy. Seine Karriere begann er vor 38 Jahren als Lehrer in Großbritannien, später hat er eine Internationale Schule in Bonn gegründet. Seit sieben Jahren ist er Direktor der Vienna International School in Wien. Bei seinem Amtsantritt in Wien bat er die Lehrerschaft, am Wochenende lieber keine E-Mails zu versenden. Dass ihnen Schülerinnen und Schüler um 22 Uhr 30 SMS mit Fragen zur Hausübung schicken, kommt trotzdem vor.

Auch der Schulalltag des Direktors hat sich radikal gewandelt: Während er an Schulen fast täglich Rangeleien auflösen musste, finden die Kämpfe heute im Internet statt: Cyberbulling, also Mobbing im Internet, lässt sich schwerer verfolgen als Faustkämpfe am Pausenhof. All diese Dinge verursachen Stress, auch bei den Lehrerinnen und Lehrern.

Eigentlich will Murphy das so nicht. Die Vienna International School soll keine Schule sein, in der man nie „off duty“ ist, sagt er. Er selbst sinkt täglich einige Minuten in seinen roten Sitzsack, und versucht abzuschalten. Über seinem Schreibtisch erinnert ein Plakat daran, dass das Leben kurz ist, und man es daher genießen sollte.

Schulen erkennen allmählich, dass sie Strategien gegen den Stress entwickeln müssen. Dazu sind Achtsamkeit und Meditation bewiesenermaßen wirksame Mittel – an den Ursachen des Stresses wird damit aber nicht gerüttelt.

„Das Ziel von Achtsamkeit ist es, mehr über sich selbst zu erfahren, nicht über andere. Wenn man sich nur auf seine eigenen Probleme konzentriert, limitiert das, und es steht im Gegensatz zu Bildung. Es löst nicht die Ursache der Probleme, die man bekämpfen will“, sagt Theodore Zeldin. Der Historiker an der Universität Oxford ist ein Kritiker der Achtsamkeitspädagogik. Für ihn ist Meditation eine „narzisstische Praxis“, die die sozialen Probleme, die die Leistungsgesellschaft mit sich bringt, auf die persönliche Ebene verlagert.

Sind Klangschalen, Meditationskissen und Atemübungen also lediglich Werkzeuge, um Kinder und Jugendliche noch produktiver zu machen? Ist es richtig, Kinder und Jugendliche für die Leistungsgesellschaft zu rüsten, oder sollte man lieber deren Auswüchse – von standardisierten Bildungstests über das frühe Fokussieren auf die Karriere – bekämpfen?

„Ich bin der Überzeugung, dass wir Kinder für die Welt vorbereiten müssen, in der sie leben werden“, sagt Murphy. „Früher hatte man einen Job sein Leben lang. Heute hat man nicht sechs oder sieben Jobs, sondern sechs oder sieben Karrieren – man ist vielleicht zuerst Arzt, und dann Journalist.“ Den Ansatz des lebenslangen Lernens praktiziert er selbst: Mit fast 60 Jahren besucht er derzeit einen Online-Lehrgang zum Thema Leadership und Innovation.

Achtsamkeitspädagogik in der LehrerInnenausbildung

Während Privatschulen wie die Vienna International School Achtsamkeitspädagogik seit einigen Jahren im Programm haben, kommt der Trend an den öffentlichen Schulen in Österreich erst langsam an. Die Initiative geht wie so oft von einzelnen Personen aus. Eine davon ist der Bildungswissenschafter Karlheinz Valtl vom Zentrum für LehrerInnenbildung der Universität Wien. „Achtsamkeit hört sich so blauäugig an, aber Erfahrungen in den USA zeigen, dass man damit selbst die schwierigsten Jugendlichen erreichen kann. Die Trainer gehen damit zu sozialen Brennpunkten und auch in Strafanstalten.“

„Wir können von den positiven Effekten der Digitalisierung nur profitieren, wenn wir auch mit den negativen umgehen können“, sagt Karlheinz Valtl. Er leitet das Seminar „Pädagogik der Achtsamkeit“ an der Universität Wien.© Andrea Stölzl

Seit drei Jahren bietet er Achtsamkeitspädagogik in der Lehrerausbildung an. „Die Studierende trainieren in dem Seminar ihre Achtsamkeit, beispielsweise durch Atemmeditation oder Body Scan. Es geht darum, dass sie ein Bewusstsein für ihr Leben und ihr berufliches Handeln entwickeln. Darauf aufbauend lernen die Studierenden internationale Schulprogramme und schulspezifische Übungsformate kennen, befassen sich mit der Theorie und der Wirkungsforschung zu Achtsamkeit und setzen dies in Beziehung zu ihrem sonstigen bildungswissenschaftlichen Wissen“, erklärt Valtl. Aus diesem Seminar heraus entstand auch das Symposium „Achtsamkeit in der Pädagogik“, das am 29. Mai zum vierten Mal an der Universität Wien stattfindet.

Obwohl sich die internationale Wissenschaft – vor allem die Psychologie – seit mehr als einem Jahrzehnt immer mehr mit Achtsamkeit beschäftigt, gibt es in Österreich im akademischen Feld eher wenig dazu. Also gründete Valtl das Netzwerk „Achtsamkeit in der Pädagogik“ und das „European Mindfulness Network“, das seit 1. April 2017 aktiv ist. Ab März 2018 soll an der KPH Wien/Krems der Masterstudiengang „Achtsamkeit in Bildung, Beratung und Gesundheitswesen“ angeboten werden.

„Wir können von den positiven Effekten der Digitalisierung nur profitieren, wenn wir auch mit den negativen umgehen können“, sagt Valtl. Achtsamkeit trainiert die Aufmerksamkeit, kann Impulskontrolle und auch Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörungen verbessern.

Eltern klagten Yoga-Schulen

Doch nicht alle singen Loblieder auf die Achtsamkeit. Eltern im US-Bundesstaat Kalifornien haben einen Schulbezirk verklagt, sie störte die Spiritualität, weshalb sie gegen Yoga und Meditation an den Schulen rechtlich vorgingen. An der Vienna International School informiert vorab ein Elternabend, dass die Wurzeln zwar in buddhistisch sind, Meditation aber säkular unterrichtet wird. Bisher hat nur ein einziger Schüler an dem Programm aus religiösen Gründen nicht teilgenommen.

Aber ist Achtsamkeit nicht ohnehin eher etwas für Lehrerinnen und Lehrer? „Lehrer zu sein ist einer der stressigsten Jobs, die es gibt. Man gibt so viel, dass man vergisst, auf sich selbst Acht zu geben“, sagt der Pädagoge Hawkins. Auch für Michael Sörös, Landesschulinspektor für Allgemeinbildende Höhere Schulen im Wiener Stadtschulrat, ist die Zielgruppe in erster Linie die Lehrerschaft. Sörös sagt, schulischer Erfolg und Misserfolg hänge immer mit Beziehung zusammen: „Hier Sensibilität zu schaffen ist der höchste Erfolgsparameter“, denn: „Die Frage ist ja, wie wir mit den Schülerinnen und Schülern umgehen.“

Das Wort „Schülermaterial“ spreche Bände, so Sörös: „Wenn die Lehrerschaft überlastet ist, nehmen sie die Kinder und Jugendlichen nicht mehr als Individuen wahr.“ Auch Valtl sagt: „Überlastete Lehrerinnen und Lehrer neigen dazu, die Schülerinnen und Schüler zu depersonalisieren, was sich dann in einer aggressiven und demütigenden Behandlung zeigt.“ „Es geht um eine achtsame Haltung der Lehrerinnen und Lehrer. Ihnen wird damit bewusst, was einzelne Worte bewirken“, sagt Sörös, und betont: „Wir stehen noch am Anfang, aber ich sehe in der Achtsamkeitspädagogik riesiges Entwicklungspotenzial.“