Aufarbeitung der NS-Vergangenheit

by Bettina Figl

Warum mus man ins Ausland reisen, um mehr über die NS-Geschichte Österreichs zu erfahren?
Raketen, Sirenen, Luftschutzbunker: Urlaubserinnerungen der anderen Art bringt dieser Tage eine Reise nach Israel. Damit kann die Liste der – bisher recht banalen – Dinge, die man zu Hause als allzu selbstverständlich hinnimmt (Schwarzbrot, Trinkwasser aus der Leitung) um ein um einiges wertvolleres Gut erweitert werden: Frieden.

Dieser Artikel ist am 23.11.2012 in der wöchentlichen Reihe des Wien-Blogs der Wiener Zeitung entstanden und im Original hier nachzulesen.

Solange uns Krieg nicht betrifft, erscheint er ungreifbar und fern, und doch ist es noch nicht einmal 70 Jahre her, dass Österreich bombardiert wurde. Aber das Erinnern zählt eben nicht gerade zu den Stärken dieses Landes. Auch das lehren – einmal mehr – Auslandsreisen. Spricht man mit Österreichern darüber, an welchen Orten sie mehr über die nationalsozialistische Vergangenheit ihres Landes erfahren haben, nennen diese etwa das Anne Frank Haus in Amsterdam oder das Shoah Memorial in Paris.

Warum muss man in andere Städte reisen, um mehr über die braune Historie des eigenen Landes zu erfahren? Gibt es nichts Dementsprechendes in Österreich? In Wien befindet sich das Jüdische Museum, im oberösterreichischen Mauthausen wird die Ausstellung in der KZ-Gedenkstätte derzeit umgestaltet, da diese Österreich unglaublicher Weise bis heute als Opfer darstellte. (Danke für den Hinweis von Leserin Veronika de la Frontera: Der Persmanhof in Kärnten!) Doch das ist beschämend wenig, sieht man sich an, wieviele Museen sich in etwa in Frankreich dem Thema widmen.

In Jerusalem befindet sich mit dem Yad Vashem die weltweit bedeutendste Shoah-Gedenkstätte. Hier kann man locker einen halben Tag verbringen, viel kleiner, aber ebenfalls bemerkenswert ist die Chamber of Holocaust. Sie ist die einzige Ausstellung, die von Holocaust-Überlebenden gestaltet wurde. Hier werden Bilder und Gedichte gezeigt, die im Konzentrationslager entstanden sind, oder Originalfotos. Verstörend ist die Ausstellung auch deshalb, weil fast alle Zeitdokumente auf Deutsch verfasst sind und etliche Zeitdokumente aus Österreich stammen.

Dass nun in Wien drei neue Mahnmale errichtet werden, ist ein längst überfälliger Anfang – doch mit tatsächlicher Auseinandersetzung und detailreicher Information haben ein paar Gedenktafeln freilich wenig zu tun.