Unirat: Frauenanteil sinkt wieder

by Bettina Figl

Universitätsräte 2013 bis 2018 formieren sich – selbst haben Uniräte bisher kein weibliches Mitglied ernannt. Rektorwahl und Budget-Absegnung: Der „Uni-Aufsichtsrat“ hat viel Macht.

An den steirischen Unis sind zehn von 14 Uniratsmitgliedern weiblich, die Unisenate hätten ihre Lektion in Sachen Frauen-Entsendungen gelernt: So lauteten die medialen Jubelmeldungen zu Jahresanfang, als die Namen der 21 Uniräte bekannt wurden, die als eine Art „Aufsichtsräte“ an Österreichs öffentlichen Universitäten fungieren. Der Unirat feiert zehnjähriges Bestehen, er wurde durch das Universitätsgesetz 2002 geschaffen, und damals wurde von der SPÖ eine Frauenquote von 40 Prozent hineinreklamiert.

Dieser Artikel ist am 29.3.2013 in der „Wiener Zeitung“ erschienen und im Original hier nachzulesen.

Doch keine Übererfüllung der Frauenquote?
Im Wintersemester 2012/13 wurden die Universitätsräte an allen Unis neu bestellt, erst wählten die Senate ihre Kandidaten aus, anschließend die Regierung (auf Vorschlag des Wissenschafts- und Bildungsministeriums). Hier lag der Frauenanteil tatsächlich bei beachtlichen 55 Prozent, die 40-Prozent-Quote wurde also übererfüllt – doch diese Zahl muss revidiert werden, da die Uniräte in einem letzten Schritt ihr fünftes, siebtes beziehungsweise neuntes Ratsmitglied selbst ernennen. An manchen Unis geschieht dies nach Ostern (am 2. April entscheidet etwa die Wirtschaftsuniversität Wien), die meisten anderen größeren Unis haben ihre Wahl bereits getroffen – und dabei fällt auf, dass diese bis dato auf keine einzige Frau fiel.

„Das ist ein altbekanntes Phänomen: Bei einem Dreiervorschlag (wie ihn Regierung und Senate machen, Anm.) ist klar: Mindestens eine Frau muss rein. Doch geht es um eine einzelne Nominierung, hat man schnell einen Männernamen bei der Hand, insbesondere im männerdominierten wissenschaftlichen Bereich“, sagt Barbara Blaha zur „Wiener Zeitung“.

Die ehemalige Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) ist mit 29 Jahren das wohl jüngste Mitglied der insgesamt 135 Uniräte, sie wurde auf Vorschlag der Studenten vom Senat in den Rat der Universität Salzburg entsandt. Sie ist 2007 aus Protest gegen die Beibehaltung der Studiengebühren aus der SPÖ ausgetreten, was die ÖH Salzburg als „hohes Maß an Integrität und Konsequenz“ bezeichneten. Heute ist sie kaufmännische Leiterin des Czernin-Verlags.

Viele neue Gesichter – und etliche alte Bekannte
In einigen Fällen treffen in den Uniräten alte Bekannte aufeinander: Der Verfassungsrichter Johannes Schnizer und Ex-Wirtschaftsminister Johannes Ditz sitzen im Rat der Uni Wien in einem Boot. An der TU Wien gibt es für Veit Sorger, Ex-Chef der Industriellenvereinigung und Herbert Tumpel, der kürzlich aus seinem Amts als Arbeiterkammer-Präsident geschieden ist, ein sozialpartnerschaftliches Déjà-vu. Für Kärntens frühere SPÖ-Chefin Gabriele Schaunig wird ihr Politik-Comeback als Finanzlandesrätin der SPÖ Kärnten jedoch das jähe Aus als Unirätin mit sich bringen, da Funktionäre einer politischen Partei nicht zugleich Uniräte sein dürfen.

Als Omen für die viel diskutierte Medizin-Uni in Linz könnte man die Nominierungen an der Uni Linz werten: Mit dem Humangenetiker Markus Hengstschläger, der Leiterin der Landesnervenklinik Gabriele Sachs und der Gebietskrankenkassen-Direktorin Andrea Wesenauer kommen gleich drei der vier von der Regierung nominierten Räte aus dem Medizin-Bereich. Die neue Amtsperiode ab März 2013 bringt viele neue Gesichter ins Spiel, da Uniräte nach einer zehnjährigen Amtsperiode nicht wiederbestellt werden dürfen.

Blaha: „Der Senat muss bestimmend sein“
Womöglich wurden die Uniräte heuer zum letzten Mal durch die Politik bestellt: Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle hat angeregt, die Uniräte könnten sich zumindest teilweise aus sich selbst heraus erneuern.

Laut dem Politologen Thomas Schmidinger steht die Demokratisierung der Wahl der Uniräte immer wieder in Diskussion, und Blaha sagt: „Da der Unirat in wesentlichen Bereichen wie Budget, Leistungsvereinbarungen und Wahl des Rektors allein entscheidet, ist es relevant, dass der Senat das bestimmende Gremium ist.“

Die Konstruktion ist ihrer Ansicht nach nicht glücklich gewählt, da sich der Unirat am Aufsichtsrat eines Unternehmens orientiert und diese schwer auf Universitäten übertragbar sei – und Tücken birgt: „Ob sich der Unirat auf rein strategische Fragen konzentriert, sich operativ einmischt, ob und wie er seine Kontrollbefugnis ausübt, das alles ist Auslegungssache der Uniräte.“ Blaha kritisiert, die strukturelle Nähe zum Rektorat und mangelnde Unvereinbarkeitsregelungen würden die Kontrollfunktion des Rats gefährden.

Als Unirätin will sich Blaha auf die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und der Frage nach der sozialen Zusammensetzung der Studierenden konzentrieren. Auch die drängende Frage, wie man angesichts knapper Uni-Budgets ausgeglichen bilanziert, werde sie beschäftigen, wie sie sagt. Und am Ende ihrer Amtsperiode soll es in Salzburg einen Uni-Kindergarten geben.

„Für Frauen ist es wieder schwieriger geworden“
Die Frage nach Kinderbetreuung an den Unis ist eine wesentliche, laut Schmidinger haben befristete Stellen dazu beitragen, dass es für Frauen mit Kindern an den Universitäten zuletzt wieder schwieriger geworden ist. Die Anzahl der weiblichen Ratsmitglieder allein ist für den Politlogen zu wenig: Vielmehr müsse dafür gesorgt werden, dass sich strukturell etwas ändere, denn: „Je weiter man rauf schaut, desto spärlicher sind Frauen gesät. Es gibt erste Rektorinnen, aber Neubesetzungen brauchen ihre Zeit.“

Wissen

Zu den Hauptaufgaben des Unirats zählen neben der Wahl des Rektors aus einem Dreiervorschlag des Senats die Genehmigung von Entwicklungs- und Organisationsplan, Leistungsvereinbarungs-Entwurf und die Zustimmung zum Budgetvoranschlag des Rektorats. Getagt wird im Schnitt vier- bis fünfmal pro Jahr. Ihre Bezüge legen die Räte selbst fest: In der vergangenen Funktionsperiode reichten sie von null Euro an der Wirtschaftsuniversität Wien bis zu 140.000 Euro für den fünfköpfigen Unirat an der Medizin-Uni Wien, an der Universität Wien kostete der Unirat 50.923 Euro.